Werkbesprechungen |
Johann Sebastian Bach wurde am 21. März 1685 als achtes
Kind in Eisenach in Thüringen geboren. Die Bachs waren
eine Familie angesehener städtischer Spielleute, Organisten,
Komponisten und Hofmusiker. Ein Jahr später heiratet Bach Anna Magdalena Wilcken. Seine Musik geriet sehr bald in Vergessenheit.
Weihnachtsoratorium I-III Die ersten drei Teile des Weihnachtsoratoriums erklangen erstmals in den feierlichen Weihnachtsgottesdiensten am Christtag, am Stephanitag und am darauffolgenden Johannistag des Jahres 1734 in Leipzig. Johann Sebastian Bach kam in diesem Jahr seiner Verpflichtung, die Kirchenmusik in St. Thomas und St. Nicolai zu bestreiten, in besonderer Weise nach: Er schuf für den weihnachtlichen Festkreis zwischen 25. Dezember und 6. Jänner aus sechs in sich geschlossenen und gleichzeitig aufeinander bezogenen Einzelteilen einen Werkzyklus, den er selbst als Oratorium bezeichnet. Damit knüpft Bach an die Werke von Heinrich Schütz (Weihnachtsgeschichte) und von Johann Schelle (Actus musicus auf Weyh-Nachten) an. Noch im gleichen Kirchenjahr verfasst Bach das Himmelfahrtsoratorium, arbeitet am Osteroratorium und hat sogar ein Pfingstoratorium geplant, so dass sich eine vollständige Serie von Oratorien zu den Hauptfesten des Kirchenjahres ergeben hätte. Über die Gattung Oratorium berichtet der Dichter und Zeitgenosse Bachs Christian Friedrich Hunold (genannt Menantes): „Eine Oratoria ist eine vortrefflich schöne Art, und vornehmlich wird sie uns in geistlichen Sachen und Kirchen=Stücken contentiren [zufrieden stellen]. Sie ist aber kürzlich also beschaffen, dass ein Biblischer Text und Arien unter einander gewechselt werden. Bisweilen tut man auch ein oder ein Paar Gesetze [Verse] aus einem Choral-Gesang dazu.“ Die Teile des Weihnachtoratoriums gehen fast ausschließlich auf zwei bereits vorhandene weltliche Kantaten für das kurfürstlich-sächsische Haus zurück. Die kompositorische Überarbeitung und Uminstrumentierung ist aufgrund des gemeinsamen Affekts der feierlich-freudigen Lobpreisung sowohl im weltlichen als auch im geistlichen Kontext möglich. In der liturgischen Einbettung folgen die einzelnen Teile
- wie sonst die Kantate - jeweils der Predigt des Pastors.
Die Neutextierung geht auf das Evangelium nach Lukas zurück
und stammt vermutlich von Christian Friedrich Henrici (genannt
Picander). Ausgewählte Ereignisse und Themen werden zu
typisch barocken Gegensatzpaaren geformt: Die einzelnen Satzformen übernehmen unterschiedliche Aufgaben: Das Rezitativ hat erzählerischen Charakter und treibt damit die Handlung voran. Die Arie hält im Geschehen inne und gibt Raum für Betrachtungen. Der Altpartie als Stimme des Glaubens ist dabei eine mütterlich-marianische Rolle zugeordnet. In den Chorälen kommt die gläubige Gemeinde zu Wort und lädt den einzelnen Zuhörer zur persönlichen Anteilnahme auf. Die Basis des Bach’schen Orchesters bildet ein vierstimmiger Streichersatz und ein Continuo, das in der heutigen Aufführung aus Fagott, Violoncello, Violone und Orgel besteht. Bach fügt - dem jeweiligen Inhalt entsprechend - Holz- und Blechbläserstimmen hinzu. Der protestantischen Tradition folgend sind Chor- und Choralsätze vierstimmig besetzt. Die vier Gesangssolisten unterstreichen den feierlichen Anlass. Erster Teil. In der instrumentalen Besetzung wird der Gegensatz
von reich und arm bzw. starkem König und hilflosem Kind
klanglich spürbar: Die Rahmensätze entfalten mit
drei Trompeten und den Pauken, sowie zwei Traversflöten
und zwei Oboen eine festliche und herrschaftliche Fülle. Zweiter Teil. Hier begibt sich Bach mit den Flöten und
dem verstärkten tieferen Oboenregister (Oboi d’amore
und Oboi da caccia) in die Sphäre der Hirten und Engel.
Anstelle des strahlenden Klangs der Trompeten und des jauchzenden
Chores stimmt die einleitende Sinfonia in Taktart und Gestus
ein Wiegenlied an. Der dunklere Klang der tieferen Oboeninstrumente
korrespondiert mit der nächtlichen Szene der Verkündigung.
In dieser Pastorale findet der Choral als schlichte Liedform
dreifache Verwendung. Dritter Teil. Der Eingangschor „Herrscher des Himmels“ stellt
eine formale Geschlossenheit her, da er diesen eröffnet
und beschließt. Darüber hinaus greift er in Besetzung,
Gestus, Tonart, Taktart und mit dem Anfangsmotiv auf den Einleitungschor
des Oratoriums „Jauchzet, frohlocket“ zurück
und gestaltet damit eine musikalische Entsprechung für
die Geschlossenheit der Weihnachtsfestlichkeiten von 25. bis
27. Dezember. Obwohl diese Kompositionen als religiös-kulturelle Bereicherung der Weihnachtsfeiertage gedacht waren, wird dieses Vermächtnis auch zu Beginn der Adventzeit seiner Intention nachkommen.
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