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Werkbesprechungen

 

Memento Mori

Vertonung: Astrid Spitznagel

Der Text aus „De Imitatione Christi“ von Thomas Kempen (Thomas a Kampis), zählt zu den berühmtesten mystischen Büchern des 15. Jhdt. und ist die bedeutendste seiner erbaulichen Schriften, Augustinermönch und Mystiker, geboren um 1380 in Kempen (Niederrhein), gestorben 1471 in Agnetenberg bei Zwolle (Niederlande).

 

Ha, stulte, quid cogitas te diu victurum, cum nullum diem habeas securum? Quam multi decepti sunt et insperati de corpore extracti! Quoties audisti a dicentibus, quia ille gladio cecidit, ille submersus est, ille ab alto ruens cervicem fregit, ille manducando obriguit, ille ludendo finem fecit, alius igne, alius ferro, alius peste, alius latrocinio interiit: et sic omnium finis mors est, et vita hominum tanquam umbra cito pertransit.
Quis memorabitur tui post mortem, et qui orabit pro te? Age, age nunc charissime quidquid pro te agere potes, quia nescis quando morieris. Nescis etiam, quid tibi post mortem sequatur.
Dum tempus habes, congrega divitias immortals.
Pone te primus in pace, et tunc alios poteris pacificare. Homo passionatus etiam bonus in malum trahit, et faciliter malum credit. Bonus homo pacificus omnia ad bonum convertit.
Qui bene in pace est, de nullo suspicatur. Qui autem male contentus ist, et commotus,
variis suspicionibus agitator, nec ipse quiescit, nec alios quiescere permittit.
Noli confidere super amicos et proxcimos, nec in futuris salutem differas, quia citius obliviscentur tui homines quam existimas. Melius est nunc tempestive providere et aliquid boni praemittere, quam super aliorum auxilio sperare.
Dum tempus habes, congrega divitias immortals.

 

O, du Tor! Was schmeichelst du dir mit der Hoffnung, lang zu leben, da du auch nicht auf einen Tag sichere Rechnung machen kannst? Wie viele haben sich mit falscher Hoffnung betrogen und mussten zur Stunde, die sie schon gar nicht für ihre letzte hielten, von dieser Welt abtreten! Wie oft hast du erzählen hören: dieser ist erstochen worden, jener ertrunken; dieser fiel vom Dache und brach sich den Nacken, jener starb bei Tische, der beim Spiele; einen tötete das Feuer, den anderen das Schwert, einen dritten die Seuche, einen vierten die Mörder! Und so ist das Ende aller der Tod, und das Leben des Menschen geht wie ein Schatten vorüber.

Wer wird deiner nach dem Tode gedenken, und wer wird für dich beten? Handle nun, Lieber, was du für dich zu tun vermagst, denn du weißt nicht, wann du sterben wirst. Du weißt auch nicht, was dir nach dem Tod widerfahren wird.

Solange du Zeit hast, sammle Reichtümer der Unsterblichkeit.

Schließe zuerst mit dir selbst Frieden, und dann kannst du mit anderen Frieden schließen. Der leidenschaftliche Mensch, selbst wenn er gut ist, denkt schlecht und glaubt gern das Böse. Der gute, friedliebende Mensch wendet alles zum Guten. Wer gut in Frieden lebt, ist über jeden Verdacht erhaben. Wer aber unzufrieden und ruhelos lebt, wird von allerlei Verdächtigungen getrieben und kommt weder selbst zur Ruhe noch lässt er andere in Ruhe leben.

Vertraue weder Freunden noch Verwandten, und befasse dich nicht mit dem Heil in der Zukunft, denn die Menschen vergessen dich früher als du denkst. Besser ist es, nun zeitgerecht Vorkehrungen zu treffen und Gutes im Voraus zu tun, als auf die Hilfe anderer zu hoffen.

Solange du Zeit hast, sammle Reichtümer der Unsterblichkeit.