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Werkbesprechungen

 

EliasElias

Wer ist Elias?

Bedeutet: „Gott ist Jahwe“.

Elias stammt aus Thisbe im Ostjordanland und wirkt zur Zeit des Königs Ahab (871-851 v. Chr.) im Nordreich Israels als einer der bedeutendsten Propheten des Alten Testaments.
Nach dem Tod Salomons (um 930 v.Chr.) zerfiel das davidisch-salomonische Großreich  in Juda und Israel. Beide Reiche versuchten sich gegenüber dem anderen und den Nachbarn zu behaupten und durchzusetzen Unter Omri und Ahab, seinem Sohn, erstarkt das Nordreich. Um den Frieden zu sichern, heiratet Ahab die phönizische Prinzessin Isebel. Er bemüht sich um einen Ausgleich zwischen der kanaanäischen und der israelitischen Bevölkerung und deren religiösen Traditionen, indem er den Baalskult neben dem Jahwekult fördert.
Die biblischen Texte verurteilen jedoch aus religiösen Gründen die Leistung Ahabs. Er wird als derjenige gezeigt, der, angestiftet durch seine Frau den Namen Jahwes entehrt und den Glauben der Väter verraten habe. Der Prophet Elias wird zu Ahabs und Isebels Gegenspieler. Er wandert von Ort zu Ort und erhebt ungebeten seine Stimme, um auf die Größe und Macht seines Gottes hinzuweisen. Kompromisslos vertritt er den Absolutheitsanspruch Jahwes: Gott allein ist Herr.
Der Name des Propheten (eli-ja bedeutet: Mein Gott ist Jahwe) ist gleichzeitig sein Programm: Jahwe ist Geber des Kulturlandes; als Spender von Regen garantiert er Wachstum und Gedeihen, und nicht Baal. Jahwe, Herr über Leben und Tod, sorgt für Recht und Gerechtigkeit in seinem Volk. Auch der König ist diesem Gottesrecht unterworfen.
 Die Königsbücher (1.Kön 17-19;21;2.Kön 1-2) erzählen in Form von Legenden über Elias. So wird berichtet, er sei nicht gestorben, sondern von Gott in den Himmel entrückt worden. Nach harten kämpferischen Jahren nimmt Elias Abschied von der Welt: ein feuriger Wagen mit feurigen Rossen führt ihn in den Himmel – daher kommt auch sein volkstümlicher Name: „Der feurige Elias“.
 Der Prophet Maleachi verkündet seine Wiederkunft als Beginn des göttlichen Weltgerichts.
Im Judentum gibt es zahlreiche Bezüge bis hin zu drei Elias-Apokalypsen. Er gilt als unsichtbarer Teilnehmer beim Pessachfest und bei der Beschneidung; seine Wiederkunft wird bis heute als Anbruch der messianischen Zeit erwartet.
Im Neuen Testament wird sein Name unter den alttestamentlichen Gestalten neben Abraham, David und Moses am häufigsten erwähnt. Jesus wird gefragt, ob er Elias sei, die rabbinische Auffassung von Elias wird als Vorläufer des Messias aufgegriffen und auf Johannes den Täufer bezogen.
Mendelssohn verbindet in seinem Oratorium die Legenden aus den Königsbüchern mit anderen alttestamentlichen Texten, vorwiegend aus den Prophetenbüchern und den Psalmen.
Dramatisch, in packend musikalischen Bildern zeigt Mendelssohn die Größe und Kraft Gottes, der sich machtvoll erweist und im sanften Säuseln des Windes und in der Stille offenbart.

 

„ELIAS“

Oratorium nach Worten des Alten Testaments
für Soli, Chor und Orchester, opus 70

 

Die Gestalt des Propheten Elias gehörte im 19. Jahrhundert zu jenen beliebten biblischen Idealfiguren, die im Zeitalter der Romantik zur gefühlsmäßigen Erneuerung des Christentums beitragen sollten.

Mendelssohn wählte  die biblischen Texte mit Hilfe seines Librettisten Pfarrer Julius Schubring, speziell aus dem I. Buch der Könige, Kapitel 17-19, des Alten Testamentes.
In einem Brief an ihn schrieb er:
„Ich hatte mir eigentlich beim Elias einen rechten durch und durch Propheten gedacht, wie wir ihn etwa heut’ zu Tage wieder brauchen könnten, stark, eifrig, auch wohl bös und zornig und finster, im Gegensatz zum Hofgesindel und Volksgesindel, und fast zu der ganzen Welt im Gegensatz, und doch getragen wie von Engelsflügeln.“

Obwohl der „Elias“ eine rund zehnjährige Entstehungsgeschichte zwischen der Idee, den ersten Arbeiten, dem Stillstand und dem Auftrag aus Birmingham aufweist, kam es zuletzt doch zu einer äußerst belastenden Arbeitsphase. Da die Uraufführung in englischer Sprache stattfand, musste der Text übersetzt und die Musik angepasst werden.
Erst neun Tage vor Beginn des Festivals wurden die letzten Noten übermittelt, ein Sonderzug brachte die Mitwirkenden von London nach Birmingham, wo dann am 26. August 1846 nach nur zwei gemeinsamen Proben aller Beteiligten die viel bejubelte Uraufführung stattfand. Im übrigen in einem über dreieinhalbstündigen Konzert, in dem auch noch Haydns Schöpfung und Beethovens Missa Solemnis zur Aufführung gelangten.

Trotz der triumphalen Aufnahme des Werkes war Mendelssohn selbst nicht zufrieden. Er komponierte einige Nummern völlig neu, andere überarbeitete er nur. In dieser Fassung ist das Oratorium 1847 auch in Druck gegangen und wurde vom Komponisten in England sechs weitere Male, einmal sogar vor Königin Victoria und Prinz Albert aufgeführt.
Den Siegeszug seines Werkes durch die ganze Welt durfte er nicht mehr erleben.

 

 

Zur Musik:

Die Musik ist von größter Vielfalt und anschaulicher Prägnanz, lyrisch und kraftvoll.
Arien sind meist knapp und liedartig, die Chorsätze enthalten mehrfach eine strenge, neuartige Form der Polyphonie.
Besonders bekannt sind die Partien des Elias. „So ihr mich von ganzem Herzen suchet“ und „Sei stille dem Herrn und warte auf ihn“ zählen zu den besonders beliebten Arien.  Aber auch Chorsätze wie „Wohl dem der den Herren fürchtet“ und „Siehe der Hüter Israels schläft noch schlummert nicht“, sowie das volkstümliche Engelsterzett „Hebe deine Augen auf“ und das Doppelquartett „Denn er hat seinen Engeln befohlen“ gelten als unvergessliche Ohrenschmeichler.

Von eindrucksvoller Wirkung sind die Klage der Juden über den fehlenden Regen, der Wettstreit der Baal-Priester mit Elias, das herabfallende Feuer und der strömende Regen mit dem anschließenden Dankgebet.
Das Feuerwunder, wenn Elias zuletzt gen Himmel fährt, ist ein visionäres Bild, das ihn parallel zu Christus und Maria setzt. Voller musikalischer Kontraste ist die Erscheinung Gottes komponiert, die nicht im Sturm, sondern im „stillen, sanften“ Säuseln erfolgt – um so stärker wirkt dann zuletzt das Wort des Elias wie eine „Fackel“, um den „Gerechten“ Wonne und Freude zu verschaffen und „Morgenröte und Besserung“ zu bringen.

 

Musikalische Symbolik

Tonarten- und melodische Symbolik
Der Beginn steht im dramatischen d-Moll, das Ende in der barocken Freuden- und Orchestertonart D-Dur. Die eigentliche religiöse Tonart ist hier Es-Dur, die in allen entscheidenden Gesprächen und Handlungen zwischen Jehova und Elias vorkommen.
Todessymbole bzw. bedrückende Umstände werden oft in kleinen Sextsprüngen und fallenden Halbtonschritten zum Ausdruck gebracht. Kampf, aber auch Begeisterung zeigt sich durch melismatische Girlanden. Tritoni gehen mit Hunger, Not, Dürre, Fluch etc. einher.

Zahlensymbolik
In der göttlichen Tonart Es-Dur zeigen sich drei b, als Symbol für das Wirken des dreifaltigen Gottes „hinunter“, auf die Erde. Die Zahl Drei findet sich in ähnlichem Zusammenhang, als Elias im Haus der Witwe dreimal zu Gott für das Leben des Sohnes betet, etwas später vor dem Altar um Gottes Zeichen des Feuers vor dem Volk, letztlich sein dreifaches Gebet um Regen.
Die Anhänger Baals rufen viermal vergeblich zu ihrem Gott (vier ist die Zahl des Irdischen – vier Himmelsrichtungen, vier Temperamente, vier Extremitäten des menschlichen Körpers, vier Jahreszeiten).

Rhetorische Symbolik
Schon in den ersten Chören wird von der Exclamatio, dem Ausrufer oder Aufschrei, reichlich Gebrauch gemacht. Das Auf und Ab, die Wiederholung, die doppelte Aussage, die Bekräftigung, die Frage, findet hier ebenfalls häufige musikalische Entsprechung.
Szenische Unterteilung

1.Teil

Fluch des Elias

Einleitung – Nr. 5:
Klage – Gebet – Verheißung (Hungersnot und Dürre)
Der Regen bleibt aus, weil das Volk Israel nicht an Jehova, sondern an Baal glaubt.

6-9:
Wunder der Erweckung (Elias und die Witwe)
Gott schickt Elias zu einer Witwe, die ihn versorgt. Im Gegenzug erweckt er ihren todkranken Sohn wieder zum Leben.

10-20:
Wunder des Feuers und Regens (Baal gegen Jehova)
Elias ruft alles Volk zusammen. Zwei Altäre werden aufgebaut, einer für Baal und einer für Jehova. Es geht um einen Gottesbeweis: wessen Gott seine Opfergaben mit Feuer entfacht, der gilt als der wahre Gott! Jehova siegt und lässt es wieder regnen.

2.Teil

21-22:
Mahnung und Zuspruch (Harmonie zwischen Gott und den Menschen)
Das Volk glaubt nun an Jehova und ist durch das Ende der Dürre zufrieden.

23-24:
Bedrohung und Rückzug des Elias (Elias gegen die Königin)
Elias macht König Ahab schwere Vorwürfe, das Volk verführt zu haben. Die Königin Isebel, welche nach antiken Quellen den Baalskult eingeführt hat, hetzt das soeben erst bekehrte Volk auf, den Tod des Propheten zu fordern.

25-32:
Auf den Rat seines Vertrauten Obadjah flieht Elias kraftlos in die Wüste.
Dort bekennt er Jehova seine Niedergeschlagenheit und Verzweiflung.

33-38:
Erscheinung Gottes und Himmelfahrt Elias (Gott stärkt Elias)
Ein Engel befiehlt dem Propheten, auf den Berg zu steigen. Hier erscheint ihm Gott und gibt ihm neue Kraft für weitere Aufgaben.
Er kann nun seinen Auftrag zu einem guten Ende bringen und wird von Gott in den Himmel aufgenommen.

39-42:
Erlösung und Ankündigung
Ab hier kommt Elias nicht mehr vor. Die Folgen seines Wirkens für Gott werden in einem Ausblick auf das Neue Testament und somit auf das Kommen Christi geschildert. In der Hoffnung und Freude darauf schließt das Werk.